Ein Bundespolizist berichtet von seinem UN-Einsatz

Der Einsatz der Vereinten Nationen in Liberia (UNMIL) war Thema der halbjährlichen Vortragsreihe der Reservistenkameradschaft Immendingen 1963 e.V. im Landgasthof „Kreuz“.

Kommissar Hermann Backfisch vom Bundespolizeipräsidium Mannheim berichtete über seinen Einsatz im Jahr 2009. Dass das Thema noch hochaktuell ist zeigt sich daran, dass auch die Bundeswehr, welche mittlerweile mehr als die Hälfte aller Einsätze im afrikanischen Kontinent bestreitet, sich durch einen Beschluss des Bundestages vom 21.05.2015 mit         5 Soldaten an der UN-Mission beteiligt, welche bereits schon seit dem Jahr 2003 läuft. Ziel der Mission ist der Schutz von Zivilisten und die Unterstützung humanitärer Hilfeleistung, nachdem dieses Land erst kürzlich, auf dem Höhepunkt der Ebolakrise in mehreren westafrikanischen Ländern der Region, im Fokus der Weltöffentlichkeit war. Der Auftrag die liberianische Regierung beim Aufbau bzw. der Reform eines funktionierenden Justiz- und Sicherheitssystems beizustehen und die Menschenrechte zu garantieren, hat sich auch seit dem Einsatz des Referenten nicht verändert. Kommissar Backfisch, der insgesamt 5 Mal im UN-Einsatz war und neben dem Balkan eben auch in Liberia eingesetzt wurde, ging zunächst auf die Unterschiede bei den Einsätzen von Bundespolizisten und Soldaten ein und zeigte den Zuhörern, wo überall und in welchen Tätigkeitsfeldern in der Welt die Bundespolizei eingesetzt ist. Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Tatsache, dass sich die Polizisten grundsätzlich freiwillig für einen Einsatz melden, der dann auch mal bis zu 12 Monaten dauern kann, und dass die Entscheidung hierüber von der Bundesregierung getroffen wird, ohne einen Parlamentsvorbehalt wie es die robusten Mandate des Militärs erfordern.

In seinem Vortrag ging der Referent auf die Geschichte Liberias näher ein, denn nur so erklären sich die Konflikte die in den letzten Jahren immer stärker eskalierten und eng mit der gesamten Region verbunden sind. Der Staat wurde den aus amerikanischer Sklaverei befreiten Schwarzenr bereits Anfang des 19. Jahrhundert geschenkt, allerdings fanden die Zuwanderer und die ansässigen zahlreichen Volksgruppen nie zueinander und sorgten im Verlauf der Geschichte immer wieder für soziale Spannungen in dem 4 Millionen Einwohner großen Land. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt in ärmlichen Verhältnissen in den Städten dieses rohstoffreichen Landes, welches neben Kautschuk, Kaffee und Nutzhölzern vor allem auch Diamanten fördert, jene unheilbringenden Edelsteine, mit denen die Bürgerkriege in Westafrika finanziert wurden. Schon in der Vergangenheit hing Liberia immer wieder am Tropf der USA und geriet in die wirtschaftliche  Schieflage. Hoffnung keimte auf als ein deutsch-italienisches Bergbauunternehmen Eisenerz förderte und im Zuge einer „ Politik der offenen Tür „ immer mehr Staaten ihre Schiffe ausflaggten und so Liberia zur Nation mit der weltweit größten Handelsflotte wurde. Wie in vielen anderen Staaten auch auf dem afrikanischen Kontinent profitierte hiervon nur die Herrschaftselite. Nach den so genannten Reisunruhen 1979, die auf eine fatale Landwirtschaftspolitik zurückzuführen war, putschte sich der Unteroffizier Samuel Doe an die Macht, um seinerseits Klientelpolitik zu betreiben. Nach nur einem Jahrzehnt war das Land heruntergewirtschaftet und 1989 bekämpfte der spätere Präsident Charles Taylor von der benachbarten Elfenbeinküste aus das Regime. Der erste Bürgerkrieg forderte fast 200.000 Tote, Warlords bedienten sich hauptsächlich Kindersoldaten, um die Rohstoffe ausbeuten zu können. Charles Taylor riss auch das benachbarte Sierra Leone in den von „ Blutdiamanten”  finanzierten Krieg. Er musste sich deswegen und nicht etwa wegen den Gräueln im eigenen Land, vor einem Sondergerichtshof im niederländischen Den Haag verantworten, der ihn 2012, als bislang einzigen afrikanischem Präsidenten, zu 50 Jahren Haft verurteilte, die er seither in einem Gefängnis in Großbritannien absitzt. Der Versuch der westafrikanischen Wirtschaftsgemein-schaft ECOWAS den Bürgerkrieg zu beenden scheiterte und führte nach den 1997 durchgeführten Wahlen, aus denen Charles Taylor als Sieger hervorging, zu einem weiteren Bürgerkrieg der 2003 durch die UNO beendet werden konnte. Sowohl militärisches Personal als auch Polizisten erhielten den Auftrag, die Sicherheit zu garantieren und beim Aufbau von Rechtsstaatlichkeit mitzuwirken. Dazu wurde das Programm Disarmament (Entwaffnung, Tausch von Waffen gegen Werkzeuge und Lebensmittel) – Demobilization (Entlassung der bewaffneten Gruppen in bestimmte Regionen und Ansiedlung) - Reintegration (Wiedereingliederung der Kämpfer in das zivile Leben mit Schul- und Berufsausbildung) umgesetzt, an dem auch Kommissar Backfisch mitwirkte. Anhand von Bildern der von ihm betreuten Projekte wurde deutlich, dass man einerseits langen Atem benötigt um die Ziele erreichen zu können, dass man aber schon eine erstaunliche Bewusstseinsänderung bei der Bevölkerung erkennen kann bei Themen wie Rechtsstaatlichkeit, häusliche Gewalt, Gesundheitsprävention und der Chancengleichheit, die  hoffnungsvoll auf dieses Land blicken lassen.

Hermann Backfisch nahm die Zuhörer mit in seinem engagiert vorgetragenen Bericht und gab sich zuversichtlich, dass eine Befriedung erreicht werden kann, wenn die Rahmenbedingungen geschaffen werden. 

Kommissar Hermann Backfisch vom Bundespolizeipräsidium in Mannheim bei seinem Vortrag.

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