Sicherheit und Reserve

Frischer Vortrag zu einem schwierigen Thema

Der Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Brunner aus Illertissen vereinte in seinem Vortrag bei der Reservistenkameradschaft Immendingen im Landgasthaus „Kreuz„ gleich drei Bereiche: sozialdemokratischer Sicherheitspolitiker, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundes-tages sowie Vizepräsident des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr.

Auch sein Vortrag war in drei Abschnitte gegliedert und umfasste die Themen Dialog, Vertrauen und Sicherheit. Als ehemaliger Bürgermeister verstand er es die Zuhörer auf sympathische Art mitzunehmen und er bewies Volksnähe, indem er auch nach seinem Vortrag zum eigentlichen Thema der Sicherheitspolitik und der sich anschließenden Diskussion auch Einzelfragen der anwesenden Reser-visten, Allgemeines zum Arbeitsalltag eines Abgeordneten bis hin zu aktuellen Fragen der Pflege beantwortete.

Zu Beginn seiner Ausführungen verwies er darauf dass sich die Hoffnungen auf einen nachhaltigen Frieden in Europa und der Welt nach Ende des Kalten Krieges nicht erfüllt hätten. Und der angekündigte Ausstieg des amerikanischen Präsidenten Trump aus dem INF-Vertrag in den jüngsten Tagen lassen auch nicht erkennen dass man weggekommen ist vom Recht des Stärkeren hin zu einer auf vereinbarten Normen basierenden Ordnung auf verbindlichen internationalem Recht. Konflikte direkt vor der Haustüre wie auf der Krim oder in der Ostukraine und die gegenseitig verhängten Sanktionsmaßnahmen befeuern diese Befürchtung sogar noch. Die Europäer sind in dieser Situation gefordert sich intensiver einzubringen in dem wiederaufbrechenden Konflikt zwischen den USA und Russland und vor allem geeint vorzugehen, denn auf unterschiedliche Weise versuchen beide Mächte die Europäische Union zu destabilisieren durch die Unterstützung nationalistischer Bestrebungen. Gerade jetzt muss sich Europa durch die Entwicklung eigener sicherheitspolitischer sowie Rüstungskontroll- und Abrüstungsinitiativen für den europäischen Kontinent aus der Abhängigkeit der Großmächte zu befreien. Mit der Vereinbarung innerhalb der Europäischen Union eine dauerhafte und koordinierte Kooperation im militärischen Bereich zu installieren ist ein Anfang gemacht. Der Dialog über konventionelle Abrüstung muss verstärkt werden hierzu gingen von Deutschland Anstrengungen aus, neben Transparenz und Vertrauensbildung müssen auch neue Fähigkeiten wie Drohnen, Raketenabwehr und der Cyber-Bereich in die Vereinbarungen einbezogen werden. Auch im nuklearen Bereich wird auf beiden Seiten wieder verstärkt aufgerüstet, was Anlass zur Sorge geben muss, die größte Bedrohung dürfte aber auch dem Bereich der hybriden Kriegsführung kommen, da ein Krieg mit konventionellen Mitteln gar keinen Sinn mehr macht, wenn man die Infrastruktur nutzen möchte. Ein Cyberangriff kann praktisch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens lahmlegen, dies wird immer wieder von verschiedenen Ländern eindrucksvoll bewiesen, insofern wird die Einrichtung des neuen Organisationsbereiches der Bundeswehr, nämlich Cyber und Informationsraum ausdrücklich begrüßt. Eine engere Zusammenarbeit und Abstimmung in Europa, auch mit Staaten welche weder der EU noch der NATO angehören, ist genauso wichtig wie eine Vernetzung mit weiteren Partnern weltweit. Vertrauensbildende Maßnahmen fangen an bei neuen Gesprächsformaten, gegenseitigem Austausch von Informationen und Kooperation in der Wissenschaft. Ohne Gespräche wird es keine Änderung, besonders auch bei kontroversen Themen geben können. Dabei sind eine Vielzahl von weiteren Politikfeldern wie die Migration, der Klimawandel und der internationale Terrorismus betroffen. Über einen Zivilgesellschaftlichen Austausch kann man außenpolitische Arbeit und Sicherheitsvorsorge in Einklang bringen und noch dazu rechtsstaatliche Prinzipien in die Heimatländer tragen. Sicherheit beginnt mit Vertrauen und im Dialog. Und so ist Frieden mehr als die Abwesenheit von Krieg. Krisenprävention ist daher die effizienteste Sicherheitspolitik.

Friedeneinsätze der Bundeswehr sind daher immer das letzte Mittel in einer Kette anderer Maßnahmen, um letztlich die Sicherung des Friedens und den Schutz der Menschen gewährleisten. Dass diese dabei durch einen Beschluss des Bundestages aufgrund eines Mandats der Vereinten Nationen erfolgen, ist unbe-stritten.

Karl-Heinz Brunner ging schließlich noch auf die Aussetzung der Wehrpflicht ein und stellte fest dass es in der Bevölkerung eine gewisse Entfremdung gibt, auch weil die Präsenz der Truppe in der Fläche nicht mehr gegeben ist. Der Umbau in eine Freiwilligen – und Berufsarmee ist ein tiefer Einschnitt und noch nicht vollständig gelungen. Noch fehlt es an einem tragfähigen Konzept für zukunftsfähige Streitkräfte, hauptsächlich im personellen Bereich bedarf es noch vieler Anstrengungen. Der Soldatenberuf ist kein Job wie jeder andere, sondern ein Dienst an der Allgemeinheit mit einem letztlich sehr hohen persönlichen Einsatz. Schon aus diesem Grund ist alles zu unternehmen, um die Vereinbarkeit von Familie und Dienst aber auch sonstige Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Dienst attraktiv machen. Den Einsatz von Reservisten befürwortet er, aber nicht als Lückenbüßer, sondern auf Augenhöhe mit den aktiven Soldaten. Daher sieht er das Engagement des Reservistenverbandes bei der Ausbildung von Seiteneinsteigern und Ungedienten als eher kritisch an. Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht wäre sicherlich eine gute Sache, aber realistisch betrachtet dürfte sich die Umsetzung aus vielerlei Gründen schwierig gestalten, weil weder die Infrastruktur dafür zur Verfügung steht, noch die Strukturen deren Aufbau Jahre benötigen würde.

Es schloss seine Ausführung mit dem Zitat von Willy Brandt  „ Jede Zeit braucht ihre eigenen Antworten „ und bezog dies darauf dass es in unser aller Hand liegt mit ersten Schritten als vertrauensbildende Maßnahmen hin zu einer europäischen Friedensordnung die passenden Antworten auf die Heraus-forderungen unserer Zeit zu finden.

Der Vorsitzende der Reservistenkameradschaft Immendingen, Hauptfeldwebel der Reserve Udo Tietz, dankte dem Redner für die weite Anreise und die Bereitschaft sich auch kritischen Fragen zu stellen und verabschiedete ihn noch mit der Übergabe einer Erinnerungsplakette der Immendinger Reservisten.

 

 

 

 

 

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